KI or not KI

Audible empfiehlt mir heute neue Hörbücher. Sie interessieren mich nicht wirklich, aber ich finde die Reihenfolge bemerkenswert:
Das Kind in dir muss Heimat finden / Elternabend / Achtsam morden. 
In meinem Kopf entsteht sofort eine Geschichte.
Unweigerlich muss ich daran denken, was mein Cousin Rainer mir jüngst schrieb. Er hatte Chat GPT – von der wenig technikaffinen Mutter eines Freundes auch liebevoll Schätzibitzi genannt – eine Fantasy-Geschichte schreiben lassen und wollte mich nun darüber informieren, dass Autorinnen schon sehr bald nicht mehr gebraucht würden.  
Er meint es natürlich gut. Rainer meint es immer gut. Bei mir aber klingen die Worte nach, weniger wegen meiner demnach wenig rosigen Zukunftsaussichten, sondern weil etwas an dieser Art zu denken mich ins Mark trifft. 

Ohne Zweifel, KI kann viel. Hält Einzug in unser Leben und besetzt dabei immer mehr Etagen, als freundlicher Kollege, versteht sich, guten Tag, ich will nur helfen, aber man hat so ein blödes Gefühl. Tatsächlich schreiben all diese Programme inzwischen ganze Artikel, nicht immer merkt man es, ich finde das ebenso gruselig wie beeindruckend.
Aber KI ist vor allem eines: gerade. 

Und mir wird eines dabei immer klarer: das, was ich so liebe an den Menschen und der Welt, ist das Schiefe. Das Abwegige. Man könnte sagen, in der digitalen Welt aus Einsen und Nullen bin ich die Sieben. Das mache ich mir derzeit immer mal wieder bewusst, und der Gedanke ist sehr tröstlich, wenn man mal wieder beim Online Banking verzweifelt, einen PIN, PUK, TAN, Superdoppelverifikations-Bla vergessen hat oder das Handy sich nicht entsperren lässt, weil es einen im unausgeschlafenen Zustand nicht erkennt.

Chat GPT wiederum wird den Tanz schwerlich nachvollziehen können, der zwischen meinem Gehirn und meinem Zwerchfell stattfindet, wenn ich die Reihenfolge der oben genannten Titel lese oder den Namen Schätzibitzi höre. Da sind weit und breit keine geraden Linien, nur schiefe Bahnen, schiefe Bahnen aus Plüsch und Purzelbaum, und ich versuche, mein Augenmerk mehr und mehr darauf zu lenken.
Auch wenn ich nachts wieder unfassbaren Blödsinn geträumt habe, zum Beispiel, dann denke ich jetzt immer: Hurra! Unfassbarer Blödsinn! 

Im Ursinn des Wortes, un-fassbar. Nicht zu fassen halt. Nachts produziert mein Gehirn nicht weniger erstaunliche Geschichten als bei Tage. Gestern habe ich geträumt, dass lauter kleine buddhistische Kinder auf dem U-Bahnhof herumirren und sich dann den BSR-Leuten anschließen, die da gerade saubermachen. Wegen der Farbe.
All die wirren Gedanken und die Geschichten, das herrlich Absurde und Schrägschöne, all das gehört zu mir. Zu meinem Menschsein. Und ist jetzt und hier und immer Teil meines Autorin-Seins. Also ja, Schätzibitzi, ich nehme die Herausforderung an.
Ein Hoch auf die Unfassbarkeit!
Ein Hoch auf Plüsch und Purzelbaum!
Komm doch.