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Mein Leben im Spamordner

Ich finde, es gibt seltsame Indikatoren für den Zustand des eigenen Lebens, dieser Tage. Der Spamordner ist einer davon. 
In meinem Spamordner wechseln sich momentan die Angebote für Diätprodukte, Potenzpillen und Cannabis-Öl ab, außerdem fordert man mich auf, eine Affäre mit einer verheirateten Frau zu haben. Ich habe über jede einzelne dieser Mails länger nachgedacht als ich es hier zugeben werde. 
Schön finde ich, dass ich offensichtlich auch wieder Unterwäschewerbung bekomme, allerdings weniger für die mit der schicken Spitze als vielmehr für sogenannte Funktionsunterwäsche. „Funktionsunterwäsche“! Wenn man mich fragt, hat früher auch die Spitzenwäsche ganz gut  – funktioniert, aber nu. Jetzt geht es ums Halten, Schnüren und Formen von Dingen und Körperteilen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können. 
Mein neuestes Stück ist von Triumph. War in vier Tagen da, macht locker 10 Jahre Schwerkraft wieder wett: Der Tri Action High Performer mit Anti Bounce Technologie ist mein bester Freund; in der Liste der traurigsten Sätze meines Lebens ist dieser recht weit vorne. 

Älterwerden ist echt ein Thema und ich schätze, es ist gekommen um zu bleiben. Dieses schleichende vor sich Hinwelken empfinde ich persönlich als sehr herausfordernd. Mein Kollege Lukas hat ein Wort dafür erfunden: Welkschmerz. 
Nachdem wir neulich am Rande einer Probe darüber gesprochen hatten, wie die Zeit rast, und dass wir uns langsam beeilen müssen mit diesem „Berühmtwerden“, von dem immer die Rede ist, da kamen mir auf dem Nachhauseweg auch so ein paar Gedanken. Dass wir den Zenit überschritten haben. Diese Phase von Sex and Drugs and Rock´n´Roll verpasst, wo sich das Publikum für uns die Kleider vom Leib gerissen und Unterwäsche auf die Bühne geworfen hätte. Ich habe mir das so richtig ausgemalt, in bunten Farben – aber sein wir realistisch: Wenn da doch nochmal was fliegt, ist es Kompressionsware oder hat zumindest einen Bequembund und einen hohen Elasthananteil. Und wir würden es auch gar nicht aufheben. Weil wir nämlich Rücken haben, verdammte Axt. 

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Voll der Knabe

Es ist der 24. Dezember.
Der Himmel ist blau, die Sonne scheint warm und hell vom Himmel.
Ich klage meiner Freundin Moni: auf meinem Balkon rankt die Kapuzinerkresse und die Rosen kriegen neue Triebe… Sie sagt sehr trocken „Was soll ich sagen? Ich hab Himbeeren.“
Vor der Archenhold-Sternwarte soll ein Kirschbaum blühen.

Ich schaue nochmal in die Mails, bevor ich mich der Weihnachtsküche widme.
Xing schreibt mir.
„Schöne Bescherung, Frau Riedel! “
Zucke innerlich sofort zusammen und überlege, was ich falsch gemacht habe. Mir fällt auch einiges ein – aber das kann Xing eigentlich nicht wissen. Vielleicht meinten Sie es nur lustig. Ho ho ho…
Fitness First immerhin schickt mir einen 10€ -Adventskalender-Gutschein für den Webshop. Ich kann mich damit auch für das Programm anmelden, bei dem man nicht mehr ins Studio kommen muss, sondern den Sport online zu Hause erledigen kann. Kostet extra, aber hey… (Irgendwie erinnert es mich an diesen Sketch, in dem ein sehr erfolgreiches Businesspärchen versucht, im Terminkalender eine Lücke für mal-wieder-Sex zu finden. Es gipfelt nach vielen Terminfindungsschwierigkeiten in dem Satz der Frau: „Na, ich muß ja eigentlich auch nicht unbedingt dabei sein. Schick mir doch einfach das Protokoll.“ So ähnlich stelle ich mir das vor, wenn man online ins Fitnessstudio geht.) Voll der Knabe weiterlesen

Sport

Na toll.
Sonntag. 10:07, eine Whatsapp-Nachricht: Unser sonniger Freund Ramin ist gerade schon mal 75 km durch den Morgen geradelt, schreibt er, und frühstückt jetzt.
Wahrscheinlich eine halbe Grapefruit, denke ich, und dreh mich auf die andere Seite. Noch im Halbschlaf hadert mein Gewissen mit der Tüte Chips von gestern Abend. Weiterschlafen klappt nicht. Ich gebe auf und beschließe, Kaffee zu kochen.
Also, Kaffee kochen zu lassen.
Da wo andere die Kaffeemaschine einschalten, schalte ich meinen Mann ein. Lange also freundlich nach rechts. Nix. Ein kaltes, leeres Bett. Und ein Zettel:

„Bin beim Kieser Training, bis später!“

Ich mag diesen Tag nicht. Diese ganzen funktionierenden ausgeschlafenen Menschen am frühen Morgen sind mir unheimlich. Gehe in die Küche und mache Kaffee. Mürrisch betrachte ich die herumliegenden Chipskrümel. Mahnmal abendlicher Eskapaden.
Wo andere Leute ein Alkoholproblem haben, da habe ich ein Chipsproblem. Ich kenne kein Maß. Mich wundert, dass diese Krümel hier überlebt haben. Wäre Griechenland eine Chipsfabrik in meiner Nähe – es gäbe Hoffnung. Sport weiterlesen