Ich finde, es gibt seltsame Indikatoren für den Zustand des eigenen Lebens, dieser Tage. Der Spamordner ist einer davon.
In meinem Spamordner wechseln sich momentan die Angebote für Diätprodukte, Potenzpillen und Cannabis-Öl ab, außerdem fordert man mich auf, eine Affäre mit einer verheirateten Frau zu haben. Ich habe über jede einzelne dieser Mails länger nachgedacht als ich es hier zugeben werde.
Schön finde ich, dass ich offensichtlich auch wieder Unterwäschewerbung bekomme, allerdings weniger für die mit der schicken Spitze als vielmehr für sogenannte Funktionsunterwäsche. „Funktionsunterwäsche“! Wenn man mich fragt, hat früher auch die Spitzenwäsche ganz gut – funktioniert, aber nu. Jetzt geht es ums Halten, Schnüren und Formen von Dingen und Körperteilen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können.
Mein neuestes Stück ist von Triumph. War in vier Tagen da, macht locker 10 Jahre Schwerkraft wieder wett: Der Tri Action High Performer mit Anti Bounce Technologie ist mein bester Freund; in der Liste der traurigsten Sätze meines Lebens ist dieser recht weit vorne.
Älterwerden ist echt ein Thema und ich schätze, es ist gekommen um zu bleiben. Dieses schleichende vor sich Hinwelken empfinde ich persönlich als sehr herausfordernd. Mein Kollege Lukas hat ein Wort dafür erfunden: Welkschmerz.
Nachdem wir neulich am Rande einer Probe darüber gesprochen hatten, wie die Zeit rast, und dass wir uns langsam beeilen müssen mit diesem „Berühmtwerden“, von dem immer die Rede ist, da kamen mir auf dem Nachhauseweg auch so ein paar Gedanken. Dass wir den Zenit überschritten haben. Diese Phase von Sex and Drugs and Rock´n´Roll verpasst, wo sich das Publikum für uns die Kleider vom Leib gerissen und Unterwäsche auf die Bühne geworfen hätte. Ich habe mir das so richtig ausgemalt, in bunten Farben – aber sein wir realistisch: Wenn da doch nochmal was fliegt, ist es Kompressionsware oder hat zumindest einen Bequembund und einen hohen Elasthananteil. Und wir würden es auch gar nicht aufheben. Weil wir nämlich Rücken haben, verdammte Axt.
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„Gute Momente“ bei der Ladies Night
Leute! Ich war bei der ARD Ladies Night in Köln und hatte dort sehr viel Spaß mit den tollen Kolleginnen Lisa Feller, Katie Freudenschuss und Franziska Wanninger. Schaut euch ruhig die ganze Sendung in der Mediathek an, hier geht’s zu meinem Auftritt:
Berlin – Winterthur
Vor einiger Zeit habe ich mal ein Buch geschenkt bekommen, es heißt „Kunst aufräumen“. Es steht seither recht prominent in meinem Bücherregal, ich nehme es öfter mal zur Hand, denn es bringt mich immer wieder zum Lächeln. Das Buch enthält eine Vielzahl von Bildern, berühmte Kunstwerke, derer sich ein Schweizer Künstler namens Urs Wehrli angenommen hat. Er räumt die Bilder auf, nimmt sie einfach auseinander und sortiert die einzelnen Elemente z.B. bei einem Kandinsky oder Picasso, nach Form und Farbe. Fein säuberlich. Ein Marie Kondo der schönen Künste, quasi, es hat etwas herrlich Absurdes und verstörend Befriedigendes.
An dieses Buch jedenfalls muss ich denken als ich am Bahnhof Winterthur aus dem Zug steige. Alles und jeder ist plötzlich sehr aufgeräumt und schick, ich schaue mir die Umgebung an, doch viel schlimmer: die Umgebung schaut zurück.
Eben noch stand ich für Berliner Verhältnisse ausnehmend gut gekleidet, geschminkt, geduscht, geboostert und gebürstet am Hauptbahnhof – und jetzt steige ich aus und fühle mich von dem Moment, da mein Fuß den Bahnsteig touchiert, schäbig. Die Einheimischen mustern mich. Nein, das trifft es nicht, sagen wir: sie streifen ihre Blicke an mir ab. Und sofort sehe ich mich durch ihre Augen.
Ich muss an diese Bilderrätsel denken, die es früher manchmal in Zeitschriften gab, Finde die sieben Abweichungen zwischen den Bildern, und es ist nicht schwer. Es fühlt sich an als hätte jemand den kaputten Reißverschluss an meiner alten Daunenjacke und die etwas ausgefransten Hosenbeine meiner Lieblings-Jeans mit Rotstift eingekreist, meine ungeputzten Schuhe können mit dem blitzeblanken Boden einfach nicht mithalten, einen Rucksack trägt hier kein Mensch und auch mein Gesicht ist plötzlich ein Problem. Kein Concealer, keine Foundation, was hab ich mir nur gedacht? Und dann noch die ungezupften Augenbrauen, ich komm mir vor wie Theo Waigel, Theo Waigel mit Lippenstift immerhin. Was es nicht zwangsläufig besser macht.
Ich seufze, dann schultere ich meinen Rucksack, schlurfend und mit hängenden Schultern mache ich mich auf den Weg. Ein Obdachloser vom Gleis gegenüber hebt die Hand zum Gruße.
Blauer Himmel, roter Faden
Neulich bin ich anlässlich meines Geburtstages gefragt worden, ob es eine Art roten Faden gäbe, der sich durch mein bisheriges Leben zieht.
Darüber denke ich seither nach, auch jetzt, während ich über den alten Bauernhof schlendere, durch die alte Scheune hindurch, dann den Hügel hinauf zu den Streuobstwiesen.
Von hier aus hat man einen atemberaubenden Blick auf das Brandenburger Nirgendwo, in das mich meine Sehnsucht nach Horizont heute verschlagen hat. Hier und jetzt halte ich einen geschätzten Mindestabstand von 1,5 km zum Rest der Menschheit ein, ganz freiwillig, es ist herrlich.
Auf der Wiese suche ich einen Lieblingsplatz, breite meine Jacke aus und drehe mich wie ein Hund dreimal um die eigene Achse, bevor ich mich niederlasse. Mit dem Rücken lehne ich an einem alten Apfelbaum, die Art von Baum, die aussieht als hätte sie eine Menge zu erzählen. Ich schließe die Augen und lausche eine Weile.
Die Feldlerchen machen Rabatz, der Sound erinnert ein wenig an den jungen R2D2, auch die Kohlmeisen zwitschern und der Ruf eines Schwarzspechtes knattert durch die frische Luft. Alles ruft Ich! Ich! Hier!
Frühling, endlich.
Zufrieden blinzele ich in die Landschaft.
Weiter hinten am Hang erspähe ich Weidenkätzchen, stolz recken sie ihre Zweige in die Sonne. Ich gebe dem Impuls nach und laufe hin, um ihre frischen flauschigen Knospen anzufühlen. Ein herrliches Gefühl.
Und eine Erinnerung meldet sich…
Blauer Himmel, roter Faden weiterlesenBis baldi
Eine weitere Lesung aus dem Homeoffice. Es geht um Corona, Älterwerden und Optimismus… Viel Spaß!
Abschweifen und Tee trinken
Am 17. Februar 2019 war ich zu Gast bei der wunderbaren „Reformbühne Heim und Welt“ im Roten Salon der Volksbühne. Hier las ich unter anderem über die Geschwätzigkeit von Teebeuteln und eine geheime Leidenschaft…
Süsser, die Glocken!
02.12.2018
Advent, Advent: beim Frühschoppen im Schlot habe ich mal ein paar sehr eigene Gedanken zum Weihnachtsfest geteilt. Zartbitter. Viel Spaß!
Mottowochen
Als meine Kinder klein waren, haben sie manchmal Worte erfunden. Weil sie Schwierigkeiten mit der Aussprache hatten, zum Beispiel: Joghurt hieß bei uns lange Loluk, Knoblauchkrabbensalat Nüpapabbe und Eichhörnchen nennen wir auch heute noch liebevoll Hossassa. Meine Freundin Kirsten war damals latent genervt und riet, wir sollten uns doch mal freiwillig beim Bundesnachrichtendienst melden, zum Verschlüsseln von Nachrichten, diese Codes würde im Leben kein normaler Mensch knacken.
Amina, die Tochter unserer Freunde, erfand damals übrigens die Kamütze. Und ich bin auch heute noch dafür, dass dieses wunderbare Wort in den Duden aufgenommen wird.
Doch irgendwann dann, etwa in der Zeit, wo sie aufhören niedlich zu sein, ändern sich die Themen. Und schwupp sind sie 18 und machen – möglicherweise – Abitur. Sie können komplizierte Worte wie Mojito und Caipirinha akzentfrei aussprechen und finden Eltern sehr peinlich, die beim Anblick eines Eichhörnchens im Stadtpark begeistert Hossassa! rufen. Mottowochen weiterlesen
Misunderstood: Lesebühne Für_Wort am 28.09.2017
O Lord, please don´t let me be…
Hier ein Mitschnitt von der Lesebühne Für_Wort im wunderbaren Naumann Drei. Viel Spaß!
Sehnsucht nach Rauchzeichen
Ich stehe in der Küche. Mein Induktions-Herd hat sich ausgeschaltet, weil er mich vor irgendeiner Gefahr beschützen will, die ich nicht sehe. Die Nudeln sind noch jenseits von al dente, ich habe Hunger, die Kindersicherung blinkt und ich finde die Bedienungsanleitung nicht.
Im Radio reden sie darüber wie man Organe mit 3D-Druckern herstellen kann.
Und ich habe es heute Morgen nicht mal geschafft, die Verteiler-Liste für die Lesebühne in Outlook zu importieren. –
Wann ist mein Leben so kompliziert geworden?
Mittlerweile kann ich die Aussteiger verstehen, die ihre Handys verschenken, in abgelegene Hütten ziehen und ihr Gemüse selbst anbauen.
Es ist soweit, dass ich mich nach offenem Feuer sehne. Ehrlichem Holz. Sehnsucht nach Rauchzeichen weiterlesen