Schlagwort-Archive: Weihnachten

Neues Jahr, neues –

Die Feiertage sind gewuppt, das neue Jahr geschlüpft. Wir beschnuppern uns noch ein wenig, 2024 und ich, und fassen nur langsam Vertrauen. 

Wie oft habe ich diesen unsäglichen Satz jetzt schon gehört „Es kann ja nur besser werden“. Es erinnert mich daran, wie meine Tante Erna über die Jahrzehnte hinweg bei jeder Beerdigung sagte „Ach, dann werd ich wohl die nächste sein“. Alles leere Versprechungen. 
„Ich wünsche dir ein zauberhaftes Jahr, in dem sich deine Wünsche erfüllen“, schrieb mir eine Freundin jetzt, ernsthaft, und dann fing ich an darüber nachzudenken, was ich mir eigentlich wünsche, was ich für zauberhaft halten würde – und dann hatte ich plötzlich dieses Neunzigerjahre-Video im Kopf von Meat Loaf, I would do anything for love, so eine Beauty and the Beast Geschichte war das , da ging es auch um Zauber und Wünsche, und am Schluss küsst die Schöne das Biest und alles wird ganz hell und das Biest verwandelt sich in – Meat Loaf. So ungefähr war das letzte Jahr. Und ich weiß nicht so recht, ob ich das neue küssen will. Wir lassen es mal langsam angehen. 

Neues Jahr, neues – weiterlesen

Heuligabend (reloaded)

Manchmal ist es gar nicht die Autokorrektur, manchmal vertippe ich mich auch von ganz alleine. Ein Wort, das dabei seit Jahren immer wiederkehrt, ist Heuligabend. Ein Freud’scher Verschreiber, sozusagen, der die Geschichte der nunmehr fünfzig Weihnachtsfeste meines Lebens eigentlich ganz gut zusammenfasst. Anders gesagt: Es war nicht alles Lametta.
Meine Weihnachtserinnerungen – zumindest die meines Erwachsenenlebens – sind bestimmt von Hetze, Druck, Pflichtterminen mit einer einander zutiefst verachtenden Verwandtschaft, Streit, Kommerz – und meinem dennoch nicht totzukriegenden Wunsch, zu Weihnachten diese „Besinnlichkeit“ herzustellen, von der immer alle sprechen. Vergebens. 

In den letzten Jahren nun geht eine Veränderung vonstatten. Die Altvorderen geben nach und nach das Zepter für die Familienfeste aus der Hand (einige auch den Löffel), während aus der nachfolgenden Generation keiner übernehmen möchte. Sowohl an Heiligabend als auch an den Feiertagen ist der Kalender in diesem Jahr deshalb verblüffend leer. Eine völlig neue Erfahrung. 

Ob wir damit klarkommen? 
Ich will ehrlich sein. Wir kommen sowas von klar. 
Nach all den Jahren der Hin- und Herrennerei zwischen den diversen Eltern, Onkeln und Tanten, die man nicht in einem Zimmer versammeln konnte, ohne dass sie einander in kürzester Zeit an die Gurgel gingen (wir hatten es zweimal probiert und waren eindrucksvoll gescheitert), sind wir offiziell die Generation, der man kein schöneres Geschenk machen kann als ein Weihnachtsfest ohne Verpflichtungen. 

Heuligabend (reloaded) weiterlesen

Voll der Knabe

Es ist der 24. Dezember.
Der Himmel ist blau, die Sonne scheint warm und hell vom Himmel.
Ich klage meiner Freundin Moni: auf meinem Balkon rankt die Kapuzinerkresse und die Rosen kriegen neue Triebe… Sie sagt sehr trocken „Was soll ich sagen? Ich hab Himbeeren.“
Vor der Archenhold-Sternwarte soll ein Kirschbaum blühen.

Ich schaue nochmal in die Mails, bevor ich mich der Weihnachtsküche widme.
Xing schreibt mir.
„Schöne Bescherung, Frau Riedel! “
Zucke innerlich sofort zusammen und überlege, was ich falsch gemacht habe. Mir fällt auch einiges ein – aber das kann Xing eigentlich nicht wissen. Vielleicht meinten Sie es nur lustig. Ho ho ho…
Fitness First immerhin schickt mir einen 10€ -Adventskalender-Gutschein für den Webshop. Ich kann mich damit auch für das Programm anmelden, bei dem man nicht mehr ins Studio kommen muss, sondern den Sport online zu Hause erledigen kann. Kostet extra, aber hey… (Irgendwie erinnert es mich an diesen Sketch, in dem ein sehr erfolgreiches Businesspärchen versucht, im Terminkalender eine Lücke für mal-wieder-Sex zu finden. Es gipfelt nach vielen Terminfindungsschwierigkeiten in dem Satz der Frau: „Na, ich muß ja eigentlich auch nicht unbedingt dabei sein. Schick mir doch einfach das Protokoll.“ So ähnlich stelle ich mir das vor, wenn man online ins Fitnessstudio geht.) Voll der Knabe weiterlesen

Wie ich einer 5 Kilo-Gans den Hintern zunähte

Es ist jetzt ungefähr sechs Jahre her. Ina Müller würde singen „Das ist jetzt ungefähr / drei Männer her“. Es begab sich also zu der Zeit, dass ein Duft von der Küche in der Vionvillestraße ausging, den nie zuvor ein Mensch vernommen hatte. Auf der ewigen Suche nach meinem ganz persönlichen Geist der Weihnacht hatte ich stur und an allen Einwänden vorbei entschieden, an Heiligabend einen Gänsebraten zu bereiten. Jauchzet, frohlocket. Ich war wild entschlossen, mich gegen die ungeflügelten Jahresendzeiterlebnisse der letzten Dekade aufzulehnen: gegen das Gehetze und Geputze, bevor meine Schwiegermutter zu Besuch kommt, gegen das ungemütliche Herunterschlingen kalter Buffets, damit die Kinder schnell an ihre Geschenke können, das Fehlen des Schnees, gegen Playmobil im allgemeinen und gegen das immer so rationierte Gänseessen bei Tante Hilde am 1. Feiertag im besonderen.
Also kaufte ich erstmal eine 5,2 kg schwere Gans. Wenn schon, denn schon.

Als sie so in meiner Küche lag, neben dem Beifuß und den Äpfeln (Cox Orange, Kind, hörte ich meine Mutter selig sprechen, immer Cox Orange), schien mich die Gänsehaut doch ein wenig anklagend anzuschauen. Stadtkind, das ich bin, finde ich tote Tiere im Ganzen schon recht unheimlich und goss mir erstmal ein Glas Rotwein zum Mutmachen ein. Wie ich einer 5 Kilo-Gans den Hintern zunähte weiterlesen